Chemnitz – oder die Lieblingsfeinde der Rechtspopulisten (II)


Der angemessene Titel eines Artikels zu den vom ostdeutschen Pack in Chemnitz veranstalteten Pogromnächten, die Gewaltmonopol und Rechtsstaatlichkeit substanziell herausgefordert haben sollen, würde lauten: „Hase, Du bleibst hier“. Untertitel: Das Linkskartell im Wahlkampf für die AfD, Folge 27.


Ein „Faktencheck“ zum Auslöser der Chemnitzer Ausschreitungen hätte gegen rechte Fake-News zu konstatieren:

1. Die Messerattacken eines Syrers und erheblich vorbestraften Irakers auf Bewährung, die ein Todesopfer und zwei krankenhausreif Verletzte produzierten, hatten laut Polizei nichts mit belästigten Frauen zu tun, ansonsten wird aus ermittlungstechnischen Gründen bis auf weiteres zu möglichen Motiven geschwiegen.
2. Auf das Todesopfer wurde nicht 25 Mal, sondern 5 Mal eingestochen.

Zu den Fake-News der Qualitätsmedien wie des politischen Establishments wäre zu bilanzieren:

1. Der von 4000 bis 6000 Wutbürgern, Rechtspopulisten und Nazis mittels Kundgebung und Demo provozierte Ausnahmezustand besteht a) in 20 nicht krankenhausreif Verletzten: 2 Polizisten und 18 linken Gegen- wie rechten Demonstranten, die sich gegenseitig mit Flaschen bewarfen und Pyrotechnik zum Einsatz brachten sowie b) darin, dass ein Dutzend Neonazis tatsächlich den Hitlergruß und andere verfassungsfeindliche Symbole gezeigt haben.
2. Der etwa 800 Personen zählende marodierende Mob aus Wutbürgern, Rechtspopulisten und Nazis, der in den Straßen von Chemnitz eine Menschenjagd auf Ausländer veranstaltete, hat folgendes verbrochen: Sachbeschädigungen = Null, Todesopfer = Null, krankenausreif Verletzte = Null. Die Nacht führte zu zwei Anzeigen wegen Körperverletzung und einer wegen Bedrohung, ohne dass Polizei und Medien zu mutmaßlichen Tätern und Opfern bis jetzt nähere Angaben gemacht hätten. Das dank Handyzeitalter kursierende Bild- und Tonmaterial belegt nicht viel mehr als eine spontane Latschdemo unsympathischer Menschen, die unsympathische Parolen grölen.



Racket gegen Racket?


Gäbe es einen Bürgerkrieg zwischen Kartoffeldeutschen und Geflüchteten, so liegt der Chemnitzer Bodycount von ein paar Tagen im August 2018 also im bundesweiten Trend von 2017.

Von Passdeutschen getötete Geflüchtete = Null[*]. Von Geflüchteten getötete Passdeutsche = 13. Von Passdeutschen körperlich attackierte Geflüchtete = 38. Von Geflüchteten attackierte Passdeutsche = 112. Getötete Geflüchtete, die auf das Konto anderer Geflüchteter gehen = 38. Von Geflüchteten attackierte Geflüchtete = 230. Sexuelle Übergriffe wurden von Passdeutschen gegen 74 Geflüchtete und von Geflüchteten gegen 2706 Passdeutsche verübt. Unter Geflüchteten sind 380 entsprechende Strafanzeigen zu verzeichnen.

Man könnte diese absoluten Zahlen nun noch ins Verhältnis zur Gesamtzahl der in Deutschland lebenden Passdeutschen und Geflüchteten setzen und das Ergebnis auf einen islamischen Migrationshintergrund beziehen, um daraus ein Politikum zu machen, das menschenfreundlich zu beantworten wäre.

Man kann stattdessen aber auch den Rassismus der deutschen Mehrheitsgesellschaft zum Politikum erklären und Ostdeutsche, Sachsen und Chemnitzer wegen vergleichsweise Wenig zum Pack erklären und sich gleichzeitig in aktuellen Umfragen bestätigt sehen, nach denen die CDU auf 30%, die SPD auf unter 20% und die AfD auf 25% bei der nächsten Sachsenwahl kämen [**]. Man kann weiter Öl ins Feuer gießen und mit Wutbürgern, Rechtspopulisten und Nazis in einen bandenkriegerischen Wettbewerb darum treten, wer die krasseren Fake-News samt entsprechender Empörung beim eigenen Anhang hinbekommt.

Gesellschaft löst sich auf...

[Updates vom 31. August:
*: Ein Leser hat darauf hingewiesen, dass der BKA-Bericht, dem diese Zahlen entnommen sind, die Ermordung eines Irakers durch zwei Deutsche auf Amrum unterschlägt (FAZ).
**: Laut der von Infratest Dimap während der Chemnitzer Ereignisse veröffentlichten Umfrageergebnisse liegt Die Linke mit 18% unter 20%, während die SPD bloß auf 11% kommt. Die "überzogene" Berichterstattung über Chemnitz bildet sich samt entsprechender Merkel-Bemerkungen im 11%-Verlust der CDU und 4%-Gewinn der AfD noch gar nicht ab.]

Quellen:
BKA: Bundeslagebild Kriminalität im Kontext von Zuwanderung 2017

Natürlich sind Polizeiberichte mit Vorsicht zu genießen, da in ihnen die eigenen Arbeitsleistungen beschönigt und aus ermittlungstechnischen Gründen Informationen zurückgehalten werden. Andere derart sachlich-nüchterne Berichte zum objektiven Geschehen in Chemnitz existieren bisher jedoch nicht.