Scheitert der Strafprozess gegen Harvey Weinstein?

Täter und "Weinstein-Opfer" Kate Beckinsale nach der Tat
Bei der Kritik am frauenfeindlichen Charakter der historischen Hexenprozesse wird inzwischen gerne unterschlagen, dass rachsüchtige und psychisch gestörte Frauen nicht selten ihre treibende Kraft waren. Die bürgerlichen Errungenschaften, dass der Angeklagte Rechte hat, und auch darum die Glaubwürdigkeit von Opfern und Zeugen zu überprüfen ist, werden im Falle der Verhandlung mutmaßlicher Sexualverbrechen von Zivilisationsfeinden als Täterschutz und Beleg einer rape culture diffamiert, während es umgekehrt gerade im objektiven Interesse tatsächlicher Opfer liegt, dass erwiesene Falschbezichtigungen nicht als Kavaliersdelikt behandelt werden.


Täter und "Weinstein-Opfer" Asia Argento nach der Tat
Momentan sieht es so aus, dass die strafrechtliche Anklage gegen Harvey Weinstein in sich zusammenbrechen wird, und zwar nicht, weil sich Weinsteins Schuld nicht zweifelsfrei nachweisen lässt, sondern weil in bereits einem Fall eklatante Fehler des leitenden Ermittlers und eine Falschaussage des „Opfers“ als sehr wahrscheinlich gelten, weshalb die Staatsanwaltschaft einen von 6 Anklagepunkten fallen lassen musste. Zum einen nämlich hat Lucia Evans, die behauptete, von Weinstein zu Oralsex an ihm gezwungen worden zu sein, ihrem Ehemann und einer Freundin erzählt, dass der Sex mit Weinstein einvernehmlich war, um eine Rolle zu ergattern. Zum anderen hat der Ermittler diese Zeugin im Sinne der Anklage zu beeinflussen versucht, indem er ihr nahelegte, nicht entsprechend auszusagen.

Täter und "Weinstein-Opfer" G. Paltrow 

Um die verbliebenen 5 Anklagepunkte, die sich auf zwei weitere „Opfer“ beziehen, scheint es nicht viel besser bestellt zu sein. Im Fall der ehemaligen Angestellten Mimi Haleyi, an der Weinstein gegen ihren Willen Oralsex ausgeübt haben soll, hat Weinsteins Verteidigung Material eingereicht, das belegen soll, dass die Klägerin weitere sieben Monate nach dem Vorfall in Kontakt zu Weinstein gestanden und um erneute Treffen nachgesucht habe. Bezogen aufs dritte anonyme „Opfer“ einer Vergewaltigung hat die Staatsanwaltschaft eingeräumt, dass derselbe Ermittler dieses dazu aufgefordert hatte, Daten von ihren Handys zu löschen, bevor sie diese der Staatsanwaltschaft überlässt. Zudem soll die Klägerin - so Weinsteins Verteidigung - vier Jahre nach der angeblichen Vergewaltigung folgende Email an Weinstein geschrieben haben: “I love you, always do. But I hate feeling like a booty call :)” Entsprechend bemängelt Weinsteins Anwalt, dass dieses Material der Grand Jury nicht vorgelegt wurde.


Sollte Weinstein also im Zuge dieser Entwicklungen keines Sexualverbrechens für schuldig befunden werden, dann wäre das nicht das Ergebnis einer rape culture oder der „Macht Weinsteins“ sondern funktionierenden bürgerlichen Rechts. Mehr noch: ohne die #MeToo-Hysterie, welche die Ermittlungsbehörden unter Druck setzte, wäre es wahrscheinlich gar nicht erst zu Anklage und Haftbefehl gegen Harvey Weinstein gekommen.